Zum Tod von Christoph Daum: Der Fußball war sein Leben

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Zum Tod von Christoph Daum: Der Fußball war sein Leben

Christoph Daum lebte den Fußball mit einer unglaublichen Intensität. Oft eckte er an und manchmal verlor er dabei. Aufgeben aber war nie eine Option für ihn. Ein Nachruf.

Von Jörg Leopold

Es ist dieser Satz, der Christoph Daum lange verfolgt hat: „Ich tue das, weil ich ein absolut reines Gewissen habe“, erklärt der damalige Trainer von Bayer Leverkusen auf einer Pressekonferenz am 9. Oktober 2000. Mit Nachdruck in der Stimme und so vehement, wie Daum vieles in seiner Karriere gesagt hat.

Bayern-Manager Uli Hoeneß hatte ihm zuvor Kokainkonsum unterstellt und Daum geht daraufhin in den Modus Attacke – wie so oft in seinem Leben. Er lässt eine Haarprobe nehmen, um die Vorwürfe zu widerlegen. Doch das geht nach hinten los. Später räumt er die gelegentliche Einnahme von Kokain ein: „Die Haaranalyse, die ich habe machen lassen – das muss man im Nachhinein sagen – dat war ein Fehler“. Auch diese Worte sind legendär, er äußert sie mit einem schelmischen Grinsen.

Christoph Daum lebte den Fußball wie kaum ein anderer. Er strahlte eine Intensität aus, die auf neutrale Beobachter fast schon bedrohlich wirkte. Viele seine Spieler konnte er mit seiner Art mitreißen. Er galt als der große Motivator, hatte sich schnell das Image „Lautsprecher der Liga“ erarbeitet.

1953 in Zwickau geboren, zog er mit sechs Jahren zu seiner Mutter nach Duisburg. Und hier, zwischen Ruhr und Rhein, wo Fußball mehr ist als nur Sport, fand Daum seine Berufung. Erst als eher mittelmäßiger Fußballer, später als herausragender Trainer. 1986 übernahm der studierte Sportwissenschaftler den 1. FC Köln und machte ihn binnen kürzester Zeit zum größten Herausforderer von Bayern München.

Daum war Motivator, Lautsprecher und Beinahe-Bundestrainer

Ein Mann der leisen Töne war er dabei nicht. Dem damaligen Bayern-Trainer Jupp Heynckes empfahl er, doch lieber Werbung für Schlaftabletten zu machen, was zu einer unvergesslichen Sendung des „Aktuellen Sportstudios“ im Jahr 1989 führte, in dem sich Daum auf der einen und Hoeneß auf der anderen Seite regelrecht ineinander verbissen.

Am Ende wurde er mit Köln nie Meister, die Bayern waren dann doch zu stark. Doch 1992 holte er den Titel mit dem VfB Stuttgart. Lange konnte er sich dafür nicht feiern lassen, die Qualifikation zur Champions League verspielte er zu Beginn der Folgesaison, weil er einen vierten Ausländer einwechselte – erlaubt waren damals nur drei pro Mannschaft.

Nach einem von mehreren erfolgreichen Engagements in der Türkei kehrt Daum 1996 in die Bundesliga zurück und formt Bayer Leverkusen zum Titelkandidaten. Dreimal wird er mit dem Team Zweiter, prägt damit den Begriff „Vizekusen“ und ist doch bald am Ziel seiner Träume. Der DFB will ihn 2001 zum deutschen Fußball-Nationaltrainer machen.

Daum erklärt sich nach seinem positiven Drogentest – mit einem Lächeln auf den Lippen.

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Womöglich verliert er in dieser Zeit die Bodenhaftung. Ließ er früher seine Spieler über Glasscherben wandeln, hielt er sich Ende der 1990er Jahre offenbar selbst für unverwundbar. Und stimmt der folgenschweren Haarprobe zu.

Daum fällt tief, sowohl der Vertrag in Leverkusen als auch die Vereinbarung mit dem DFB werden aufgelöst. Um den Lautsprecher wird es plötzlich ganz leise. Und doch kommt er noch einmal zurück oder wie er selbst später beschrieb: „Du kannst hinfallen. Es ist auch nicht entscheidend, wie oft du hinfällst. Du musst nur immer wieder aufstehen.“

Christoph Daum ist sein ganzes Leben keinem Disput aus dem Weg gegangen, aber wir beide haben vor langer Zeit unseren Frieden gemacht.

Uli Hoeneß würdigt seinen einstigen Rivalen

Genau das tut er. Er holt weitere Titel in der Türkei und Österreich und er kehrt sogar noch einmal zum 1. FC Köln zurück, führt den Klub zurück in die Bundesliga. Doch die härteste Prüfung wartet noch auf ihn: 2011 wird eine Hautkrebserkrankung bekannt, er besiegt sie nach mehreren Operationen.

Doch es kommt noch dramatischer: 2022 wird bei Daum Lungenkrebs diagnostiziert. Wieder gibt er sich kämpferisch und erklärt: „Der Krebs hat sich den falschen Körper ausgesucht.“ Längst spielen alte Feindschaften keine Rolle mehr, sogar mit Uli Hoeneß gibt es die große Versöhnung.

„Christoph Daum ist sein ganzes Leben keinem Disput aus dem Weg gegangen, aber wir beide haben vor langer Zeit unseren Frieden gemacht“, sagte Hoeneß am Sonntag. Kurz zuvor ist sein einstiger Rivale an den Folgen seiner Krebserkrankung gestorben. Christoph Daum wurde 70 Jahre alt.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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