© dpa/Jens Kalaene
Update „Der Senat schaut zu, wie Berlin den Bach runter geht“: Watergate-Club schließt – Grüne und Linke fordern Maßnahmen
Im „Watergate“ in Kreuzberg soll die letzte Party Ende 2024 gefeiert werden. Die Betreiber begründen ihren Schritt mit steigenden Kosten und einer veränderten Clubkultur.
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Erneut hat ein bekannter Berliner Club seine Schließung angekündigt. Das Watergate direkt an der Spree in Kreuzberg will nach 22 Jahren seinen Betrieb einstellen.
„Wir haben uns schweren Herzens dazu entschlossen, unseren Clubbetrieb zum Jahresende zu beenden und den Pachtvertrag nicht zu verlängern“, verkündeten die Betreiber am Dienstag via Instagram. Gründe seien die steigenden Kosten und die sich wandelnde Clubkultur. Bis Silvester solle es große Abschiedsevents geben. „Die Party ist vorbei – lang lebe die Party“, schließt der Post.
Ulrich Wombacher, einer von drei Betreibern, sagte der „Berliner Zeitung“: „Für uns ist die Situation in Berlin entscheidend, und die hat sich stark verändert. Nach Covid hat das Geschäft einfach nicht mehr so richtig Fahrt aufgenommen.“ Musik werde heute anders konsumiert. Die lange Schließung der Clubs habe viel ausgemacht, der Billigtourismus sei zurückgegangen. „Berlin mit seiner individuellen, kleinen und gewachsenen Clubkultur hat international an Relevanz verloren.“ Bei den Gagen für die DJs könne man nicht mehr mithalten, zugleich seien Festivals immer wichtiger geworden.
Staatliche Förderung ist keine Lösung
Weiter sagte Wombacher: „Wenn der ganze Tourismus-Glam wegfällt, bleibt das abgeschminkte Berlin übrig.“ Besonders Kreuzberg haben viel von seinem Charme verloren, es gebe ein Drogenproblem, viel Obdachlosigkeit und Kriminalität. „Nichts ist für immer. Die Berliner Eckkneipen gibt es auch nicht mehr. (…) Aber warum sollten Clubs nicht auch ein vorübergehendes Phänomen sein. Die Clubkultur ist wahnsinnig fragil.“
Noch mehr staatliche Förderung sei keine Lösung, sagt Wombacher. „Clubkultur funktioniert so nicht. (…) Clubkultur ist schnell, individuell. Man kann das nicht in eine Planwirtschaft drängen, auch wenn wir von der Förderung profitiert haben.“
Das sieht Julian Schwarze, Sprecher für Clubkultur der Grünen-Fraktion, anders: „Der Senat muss endlich entschieden handeln, um dem Clubsterben entgegenzuwirken und Berlins Clubkultur zu bewahren.“ Er fordert eine „Taskforce für bedrohte Clubkultur“.
Ähnlich äußerte sich Niklas Schenker, Sprecher für Clubkultur der Linksfraktion: „Weder Wirtschaftssenatorin Giffey noch Kultursenator Chialo scheinen einen Plan für die Rettung der Clubkultur in Berlin zu haben. Der Senat schaut zu, wie Berlin den Bach runter geht und eine Kulturinstitution nach der anderen das Handtuch wirft. Wir brauchen endlich entschlossenen Einsatz gegen steigende Mieten für Wohnraum und Gewerbe.“
Nicht nur das Watergate schließt
Erst kürzlich hatte auch der Club „Wilde Renate“ in Friedrichshain angekündigt, seine Partys Ende 2025 zu beenden. Grund dafür ist nach Angaben des Clubs das Auslaufen des Mietvertrages mit einer Unterfirma der Padovicz-Immobiliengruppe. In den letzten Jahren mussten bereits Clubs wie die Grießmühle, das Rosie’s oder die Rummels-Bucht Investorenplänen weichen.
Aus einer Anfrage des Linken-Abgeordneten Schenker an den Senat, die dem Tagesspiegel vorliegt, geht hervor, dass wenigstens die „Wilde Renate“ mit keiner Unterstützung rechnen kann, da es sich um ein reguläres Vertragsende zweier privatwirtschaftlicher Akteure handle.
Zur grundsätzlichen Bewertung der wirtschaftlichen Lage der Berliner Clubbetriebe antwortet die Kulturverwaltung auf Schenkers Anfrage: „Die Würdigung der wirtschaftlichen Situation der Clubbetriebe erfordert gründliche Recherchen, ausführliche Erläuterungen und einen größeren Überblickszeitraum; nicht zuletzt müssen die Einrichtungen einzeln betrachtet werden, da eine pauschale Einschätzung unangemessen wäre.“
Der Bund bremst
Dabei messe der Senat der Clubkultur einen hohen Stellenwert bei und setze sich mit Blick auf die Vielfalt und kulturelle Identität Berlins unter anderem für eine Förderung im Rahmen des Lärmschutzfonds und für langfristige Miet- oder Erbbaurechtsverträge für Clubs ein, die sich auf landeseigenen und bezirkseigenen Flächen befinden. Darüber hinaus begleite man das Gesetzgebungsverfahren zur Überarbeitung des Baugesetzbuches und der Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke, um Clubs als kulturelle Standorte zu sichern.
Bereits 2019 habe Berlin eine Bundesratsinitiative zur Einführung einer Gewerbemietpreisbremse in angespannten Gewerberaummärkten eingebracht. Der Antrag sei vom Bundesrat vertagt und bislang nicht erneut aufgerufen worden sein. Des Weiteren habe die Koalition in den Richtlinien der Regierungspolitik festgelegt, dass „die Einführung eines Gewerbemietspiegels über eine Bundesratsinitiative und die Verbesserung eines angemessenen Kündigungsschutzes (…) geprüft“ werde. Dieser Prüfprozess sei aktuell noch nicht abgeschlossen.
Berliner Nachtökonomiestrategie
Auch Lutz Leichsenring, Sprecher der Interessenvertretung „Clubcommission“ sieht die Ursachen des „Clubsterbens“ neben Kostensteigerungen durch die Inflation und den noch immer unter den Zahlen von 2015 liegenden Tourismuszahlen, insbesondere bei den Mietbelastungen, wie er dem Tagesspiegel schreibt: Laut einer Umfrage unter Berliner Clubbetreibenden seien 43 Prozent der Clubbetreiber von steigenden Gewerbemieten betroffen, was die angespannte wirtschaftliche Situation weiter verschärfe.
Die neue Berliner Nachtökonomiestrategie hebe dabei die Notwendigkeit hervor, Gewerbemieten für kulturell bedeutende Orte wie Clubs zu regulieren und langfristig bezahlbare Mietpreise zu gewährleisten, so Leichsenring. Es wünscht sich, dass die Politik mehr Bewusstsein für die Bedeutung der Clubkultur entwickele.
Kultursenator Joe Chialo (CDU) äußerte sich zunächst nicht zur Schließung des Watergates. Ein Sprecher verwies auf ein Zitat Chialos aus einem Grußwort zum „Tag der Clubkultur“ am 7. September: „Ich werde mich als Kultursenator aktiv weiter für die Anerkennung von Clubs als Kulturstätten einsetzen.“ (mit dpa)
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de
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