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Hungerstreik in Berlin: Klimaaktivist kündigt an, bald auf Flüssigkeit zu verzichten

Hungerstreik in Berlin: Klimaaktivist kündigt an, bald auf Flüssigkeit zu verzichten

© dpa/Paul Zinken

Update Hungerstreik in Berlin: Klimaaktivist kündigt an, bald auf Flüssigkeit zu verzichten

Seit 86 Tagen ist Wolfgang Metzeler-Kick im Hungerstreik. Sein Zustand ist schlecht, doch bald könnte er zu drastischeren Mitteln greifen. Wirtschaftsminister Habeck besuchte das Streik-Camp.

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  • Christoph Papenhausen

| Update:

Der Klimaaktivist und Hungerstreikende Wolfgang Metzeler-Kick will am kommenden Montag (3. Juni) einen Zeitpunkt bekannt geben, ab dem er auf die Aufnahme von Flüssigkeit verzichten wird. Als möglichen Termin komme ein Tag noch vor der Europawahl am 9. Juni in Frage, sagte er am Freitag bei einer Pressekonferenz der Kampagne „Hungern, bis ihr ehrlich seid“ im Berliner Invalidenpark. Metzeler-Kick, der seit 86 Tagen auf feste Nahrung, seit acht Tagen auch auf Säfte und Kohlenhydrate verzichtet, kündigte damit an, bald in den sogenannten „trockenen Hungerstreik“ zu treten. 

Er halte den Verzicht auf Flüssigkeit für ein geeignetes Mittel, um Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Bedrängnis zu bringen. „Wenn ich wirklich Druck aufbauen will, kann ich das am eindringlichsten damit, dass ich im vollen Bewusstsein der Konsequenzen in den trockenen Hungerstreik gehe“, sagte er zur Begründung seiner Ankündigung. „Wenn ich tot umfalle, möchte ich Herrn Scholz auf die Füße fallen.“

Wenn ich tot umfalle, möchte ich Herrn Scholz auf die Füße fallen.

Wolfgang Metzeler-Kick, Klima-Hungerstreikender

Die Kampagne „Hunger, bis ihr ehrlich seid“ fordert den Kanzler seit längerem auf, eine Erklärung zum Stand des Klimaschutzes in Deutschland abzugeben. Darin solle Scholz verkünden, dass die menschliche Zivilisation durch den Klimawandel bedroht werde, der Co2-Gehalt in der Luft zu hoch sei und die bisherigen Bemühungen der Bundesregierung nicht ausreichten, um den Klimawandel zu bekämpfen.

Auch der Aktivist Adrian Lack ließ verkünden, dass er bereit sei, in den trockenen Hungerstreik zu gehen. Er verzichtet seit 34 Tagen auf feste Nahrung und nimmt seit zwei Tagen ebenfalls keine Säfte und Kohlenhydrate mehr zu sich. Darüber hinaus spricht er nicht mehr. Er wolle schweigen, „bis Olaf Scholz sein Schweigen bricht“, erklärte er zu Beginn seines Streiks in einem schriftlichen Statement. 

Der Gesundheitszustand von Metzeler-Kick verschlechtert sich unterdessen. Erst am vergangenen Dienstag hatte Susanne Koch vom medizinischen Support in einer Videoerklärung auf X erklärt, dass das Ärzteteam „keine Verantwortung mehr übernehme“ und der Kollaps des Aktivisten jeden Tag bevorstehen könnte. 

Auf der Pressekonferenz am Freitagmorgen sieht Metzeler-Kick müde und abgemagert aus. Er spricht langsam, stockend und verhaspelt sich immer wieder. „Das Weglassen jedweder Energieträger hat mich inzwischen stark mitgenommen“, sagte er. Er habe mittlerweile 28 Kilogramm Gewicht verloren und müsse seine Rede ablesen. Für ein frei formuliertes Statement reiche seine Konzentration nicht mehr. 

Gespräch mit Wirtschaftsminister Robert Habeck

Dass sein Körper unter dem Hungerstreik leide, mache ihm persönlich nichts aus, erklärte er. Was ihn allerdings störe, sei seine zunehmende „Gereizt- und Genervtheit“, seine „Vergesslichkeit“ und seine „abnehmende emotionale wie physische Belastbarkeit“. Sorgen um seine Familie oder seinen Sohn erwähnte er nicht.

Im Vorfeld der Pressekonferenz war angekündigt worden, dass die Aktivisten von ihrem Austausch mit führenden Politikern berichten würden. „Im Camp wurden viele Gespräche mit Spitzenpolitikern geführt“, sagte der Aktivist Titus Feldmann, der seit 16 Tagen hungert. Allein in der letzten Sitzungswoche des Bundestages habe man Besuch von insgesamt acht Politikern bekommen. Sie gehörten der SPD, den Grünen und der Linkspartei an. „Aus Gründen der Diskretion wurde jedoch entschieden, vorerst keine Namen zu nennen“, sagte Feldmann.

Kein Einlenken von Bundeskanzler Scholz

Auch Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) hat die Hungerstreikenden in der vergangenen Woche besucht. Das teilte er bereits am vergangenen Samstag im Rahmen eines Bürgerdialogs auf dem Demokratiefest zur Feier von 75 Jahren Grundgesetz mit. Worüber der Vizekanzler mit den Aktivisten gesprochen habe, müsse allerdings vertraulich bleiben, sagte Feldmann. Auf Anfrage bestätigte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums, dass Habeck „als Minister“ vor Ort gewesen sei.

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte sich ebenfalls auf dem Demokratiefest zum Hungerstreik geäußert und ihn als ein falsches Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele zurückgewiesen. „Ich finde, dass es ein Fehler ist, Gewalt gegen andere auszuüben, aber auch gegen sich selbst“, sagte er. Es mache keinen Sinn, eine solche Aktion „anzuzetteln“, um damit etwas zu „erpressen“. „Deshalb ist es mein großer Wunsch, dass diese Aktion abgebrochen wird.“ 

Bei einem Bürgerdialog am Donnerstagabend in Erfurt wies Scholz den Streik erneut als unangemessen zurück. Auf die Forderungen der Hungerstreikenden angesprochen, wich er aus und erklärte, dass es wissenschaftlich erwiesen sei, dass es einen menschengemachten Klimawandel gebe. 

Metzeler-Kick hat dennoch Hoffnung, dass Scholz einlenkt. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir in einer westlichen Demokratie an den Punkt kommen, an dem die Bundesregierung Menschen eher sterben lässt, als die Wahrheit über den Klimawandel auszusprechen“, sagte er.

Die Beauftragte für Schöpfungsverantwortung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die Landesbischöfin der Nordkirche, sorgte sich um den im Hungerstreik befindlichen Klimaaktivisten. „Es erfüllt mich mit tiefem Mitgefühl und großer Sorge, dass die Klimakrise und die Reaktion der Politik auf diese bedrohliche Politik Menschen derart verzweifeln lassen, dass sie bereit sind, im Einsatz für einen anderen Umgang damit ihr Leben zu riskieren“, sagte Kühnbaum-Schmidt am Freitag dieser Zeitung. „Entschlossenes Handeln angesichts der Klimakrise muss weiterhin das klare Ziel von Politik und Zivilgesellschaft sein.“

Sie hoffe sehr, dass „einzelne Menschen dabei nicht mehr zu der Einschätzung kommen, dieses Ziel nur erreichen zu können, indem sie sich selber in Lebensgefahr bringen.“ Im Ziel einer entschlossenen Klimapolitik sei man sich einig – in der Wahl der Mittel, diese zu erreichen, aber nicht. „In dieser schwierigen Zeit bete ich dafür, dass wir Wege finden, durch Gespräche und gegenseitiges Verständnis zu angemessenen Lösungen zu gelangen, ohne dass weiteres Leid entsteht.“

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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