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Jeder soll Organspender sein, wenn er nicht widerspricht

Jeder soll Organspender sein, wenn er nicht widerspricht

Organspendeausweis: Mit diesem Dokument kann man sich zu Lebzeiten entscheiden, die Organe im Todesfall zu spenden. Diese Regelung will der Berliner Senat über den Bundesrat ändern Foto: Michael Kappeler/dpa

Von Gunnar Schupelius

Der Berliner Senat hat dafür geworben, dass man automatisch Organspender wird, wenn man sich nicht ausdrücklich dagegen wehrt. Der Bundesrat hat aus dieser Regel ein Gesetz gemacht. Doch dieser Eingriff in die Privatsphäre geht eindeutig zu weit.

Der Bundesrat hat am Freitag eine Änderung des Transplantationsgesetzes auf den Weg gebracht. Künftig soll „jede Person als Organspender gelten, wenn sie nicht zu Lebzeiten einer Organspende widersprochen hat“. Der Bundestag muss dieser Gesetzesänderung noch zustimmen.

Bisher gilt, dass ein Organ einem Verstorbenen nur entnommen werden darf, wenn er zu Lebzeiten ausdrücklich zugestimmt hat, zum Beispiel mit einem Organspendeausweis.

Der Berliner Senat hatte sich im Bundesrat für die Änderung des Gesetzes starkgemacht, um „mehr Menschen, die auf eine Organ- oder Gewebespende angewiesen sind, die Möglichkeit zu geben, ein lebensrettendes Organ zu erhalten.“

Zur Begründung heißt es außerdem, die Zahl der Organspender stagniere auf niedrigem Niveau. 2023 hätten bundesweit 8385 Patienten auf ein Organ gewartet, gespendet worden seien aber nur 2877 Organe von 965 Personen. 667 Menschen verstarben im vergangenen Jahr in Deutschland, weil sie kein Spenderorgan bekamen, davon 88 in Berlin.

Organe können Leben retten, also ist es gut, wenn man sich zu Lebzeiten zur Spende entschließt. Etwa 30 Prozent der erwachsenen Deutschen haben das mit einem Organspendeausweis bereits getan, 70 Prozent haben es nicht getan. Der Bundesrat will sie zu einer Entscheidung zwingen, nach dem Motto: „Widersprich oder deine Organe können entnommen werden!“

Berlin unterstützt bei Organspende die Widerspruchslösung

Im Gesetzestext des Bundesrates heißt es: „Das Recht des Einzelnen, sich für oder gegen eine Organspende zu entscheiden, bleibt weiterhin ausdrücklich unangetastet.“ Richtig, und doch ist es eine Umkehr des Prinzips, mit der Ansage: „Dein Körper gehört im Todesfall der Allgemeinheit, wenn du dich nicht ausdrücklich dagegen wendest.“

Man will die Entscheidung der 70 Prozent nicht akzeptieren. Aber warum nicht? Als das Thema im Gesundheitsausschuss des Abgeordnetenhauses beraten wurde, sprachen sich fast alle Parteien für die „Widerspruchslösung“ aus, die jetzt vom Bundesrat verabschiedet wurde.

Von Grünen und Linken hieß es sogar, Deutschland müsse „Geberland“ für Organspenden werden. Einzig von der AfD gab es Widerspruch. Dort hieß es, man wolle die Zustimmung zur Organspende nicht „durch die Hintertür“ einholen und den Menschen die Freiheit lassen, sich nicht zu entscheiden.

Warum so wenig Debatte, warum war man sich so schnell einig? Vor fünf Jahren war das noch ganz anders. Da debattierte der Deutsche Bundestag leidenschaftlich über das Transplantationsgesetz. Am 16. Januar 2020 entschied sich dann eine Mehrheit für die sogenannte „Entscheidungslösung“, nach der Organe einem Menschen nur nach seinem Tod entnommen werden dürfen, wenn er zu Lebzeiten ausdrücklich zugestimmt hat.

Dabei hätte es eigentlich bleiben können. Die freiwillige Zustimmung mit dem Organspendeausweis ist sinnvoll und ausreichend. Stärker sollte der Staat auf den Körper des Verstorbenen nicht zugreifen.

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Eine Quelle: www.bz-berlin.de

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