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Para-Kanutin Felicia Laberer: „Ich mag es, wenn mich die Trainer kritisieren“
Nur wenige Wettkämpfe sind für den letzten Tag der Paralympics geplant – einige Medaillenläufe im Kanu gehören dazu. Auch Felicia Laberer wird am Sonntag antreten.
Von Helen Päßler
Die Umgebung, in der Felicia Laberer während des Videotelefonats sitzt, ist laut und hektisch. Sie kontrastiert die Para-Kanutin, die ruhig und in sich ruhend wirkt, perfekt. Am Sonntag geht es für sie bei den Paralympics aufs Wasser in Vaires-sur-Marne. Aufgeregt sei sie noch nicht, sagt die 23-Jährige am Tag davor und bestätigt damit ihren gelassenen Eindruck.
Ihre sportliche Karriere begann Laberer im Para-Schwimmen. Mehrmals täglich trainierte sie in Potsdam. Als sie die Lust am Schwimmen verlor, folgte der Wechsel zum Kanusport. Neben praktischen Gründen – die Trainingsanlage der Kanutinnen und Kanuten befindet sich unweit ihrer ehemaligen Trainingsstätte – hat auch ihre Liebe zum Wasser bei dieser Entscheidung eine Rolle gespielt.
„Das ist einfach ein anderes Gefühl als in anderen Sportarten“, sagt sie im Videotelefonat. Mittlerweile trainiert Laberer seit einigen Jahren in Berlin.
Ihren sportlichen Erfolg verdankt sie eigenen Angaben nach unter anderem ihrer peniblen Art. „Ich mag es, wenn mich die Trainer kritisieren“, sagt die Kanutin. „Denn das ist genau das, was noch ausbaufähig ist“, erklärt sie weiter.
Ohne Training wird der Traum von einer weiteren Medaille, drei Jahre nach dem Gewinn von Bronze bei den Paralympics in Tokio, aber auch für Laberer nicht wahr. Zwei Trainingseinheiten absolviert sie in ihrem Trainingsalltag bereits vor dem Mittagessen. Nachmittags folgen bis zu zwei weitere. Die Motivation verliere sie dabei selten. Und wenn, dann ließe sie sich einfach von ihrer Trainingsgruppe mitziehen – ein Faktor, den sie am Gruppentraining besonders schätze.
Trotz des vielen Trainings kommt auch bei Felicia Laberer gelegentlich Langeweile auf. Dann schaue sie gern Serien – Gossip Girl oder Pretty Little Liars zum Beispiel. Manchmal mache sie dann auch etwas Zusätzliches für ihr Studium, sagt sie mit einem Augenzwinkern.
Obwohl ihre eigenen Wettkämpfe traditionell zum Ende der Paralympics stattfinden, reisten die deutschen Kanutinnen und ihr Team bereits einen Tag vor der Eröffnungsfeier nach Paris – ein Novum für die drei Starterinnen, das von der Wahl Edina Müllers, einer Teamkollegin Laberers, zur deutschen Fahnenträgerin gekrönt wurde. Viel Zeit, Paris zu erkunden und andere Wettkämpfe zu besuchen, blieb dem deutschen Kanu-Team jedoch nicht. Am Freitag hatte Laberer ihren ersten und einzigen Wettbewerb außerhalb des Kanusports besucht.
Sie sei sehr dankbar dafür, genug Zeit zu haben, die Bedingungen der anspruchsvollen Strecke in Vaires-sur-Marne im Training zu erproben. Ein häufig wechselnder Wind sorge für sehr unterschiedliche Bedingungen, auf die man sich immer wieder neu einstellen müsse. So waren die Kanutinnen am Donnerstag erstmals starkem Gegenwind mit hohem Wellengang ausgesetzt.
Für Felicia Laberer wird es an diesem Sonntag ihr zweiter Finallauf auf der paralympischen Bühne sein. 2021 gab sie in Tokio ihr Debüt – und holte direkt Bronze. Diesen Erfolg führt sie auch auf ihre mentale Stärke zurück, an der sie auch heute noch regelmäßig mit einer Sportpsychologin arbeitet. „In Tokio war ich physisch wahrscheinlich die Schlechteste im Startfeld, aber ich habe es mental so gut im Griff gehabt, dass ich da einen anderen Vorteil hatte und deswegen vielleicht die Medaille gewonnen habe“, erklärt sie im Gespräch.
Ihr Erfolg in Tokio sorgt aber auch dafür, dass die 23-Jährige mit Erwartungen im Gepäck nach Paris reiste. „Der Druck ist da“, sagt sie. Es helfe, ihn zu akzeptieren und sich darauf zu konzentrieren, im Wettkampf ihr Bestes zu geben, in den Fokus zu kommen und alles um sich herum auszublenden. Einmal drin im Fokus bekomme sie von der Wettkampfatmosphäre, die sonst ein Störfaktor für ihre ausgeklügelte Rennstrategie wäre, nichts mehr mit.
Außerhalb des Rennens fokussierte sich Laberer in den vergangenen Tagen zusätzlich auf das Tauschen von Pins mit Athletinnen und Athleten anderer Nationen. Auch in dieser fast schon 23. paralympischen Sportart ist Felicia Laberer erfolgreich.
Zwei Schlüsselbänder habe sie bereits voll, ein drittes schaffe sie wahrscheinlich noch vor dem Ende der Paralympics. Es ist ein Phänomen, das den Geist der Spiele so gut verkörpert, wie kaum ein anderes – Gemeinschaft, Austausch und Wettkampf.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de
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