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Spitzendebatte vor der Wahl in Sachsen : „Auf Russland kann man sich nicht verlassen“

Spitzendebatte vor der Wahl in Sachsen : „Auf Russland kann man sich nicht verlassen“

© dpa/Robert Michael

Spitzendebatte vor der Wahl in Sachsen : „Auf Russland kann man sich nicht verlassen“

Michael Kretschmer findet erste Differenzen mit der Wagenknecht-Partei und lobt überraschend eine Linke. Die wichtigsten Aussagen aus der ersten Debatte vor der Landtagswahl in Sachsen.

Von Thomas Vorreyer

Bei der Landtagswahl in Sachsen am 1. September steht eine Neuordnung der politischen Verhältnisse im Freistaat bevor. Die AfD liegt mit der seit 1990 regierenden CDU in Umfragen bei um die 30 Prozent – und will nun die „Machtfrage“ stellen.

Das neu gegründete BSW („Bündnis Sahra Wagenknecht”) kommt bereits auf Platz drei. SPD und Grüne stehen beide nur bei fünf bis sieben Prozent, Linke und FDP sogar deutlich unter fünf.

Die bisherige Koalition von CDU, Grünen und SPD gilt als tief zerstritten. CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer hat allerdings eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen. Er tendiert mehr oder weniger offen zu einen Bündnis mit dem BSW nach der Wahl.

In Dresden kam es nun zur ersten Debatte aller Spitzenkandidaten und -kandidatinnen. Eingeladen hatten drei sächsische Tageszeitungen. Wie der bisherige Wahlkampf auch wurde aber auch dieser Abend überlagert von bundespolitischen Themen wie der Situation in der Ukraine und der Energiewende.

Kretschmer: „Müssen über Atomenergie und russisches Gas sprechen“

CDU-Spitzenkandidat Michael Kretschmer sieht die Energiewende als gescheitert an und will sie durch eine überparteiliche Kommission neu aufsetzen lassen. Um welche Energieträger es dann geht, sagte er allerdings ganz offen: „Wir müssen über Atomenergie, heimisches Gas, einen Kohleausstieg nicht vor 2038 und russisches Gas – nach dem Krieg – sprechen.“

Damit bekräftigte Kretschmer frühere Forderungen. Ihm zufolge soll der Wiederbetrieb abgeschalteter Atomkraftwerke geprüft werden, aber auch der Bau kleinerer Kraftwerke neueren Typs.

AfD-Chef Jörg Urban ging noch zwei Schritte weiter. Urban forderte, den Kohleausstieg komplett zurückzunehmen und Atomkraftwerke in Sachsen zu errichten.

Widerspruch kam von der Grünen Katja Meier: Sachsens Justizministerin lobte den Stand der Energiewende: „Wir haben uns aus den Putin’schen Gas-Fesseln befreit“, so Meier.

BSW: „Frieden nur mit Russland möglich“

Einen Disput gab es zwischen Michael Kretschmer und Sabine Zimmermann vom BSW – und das obwohl sich beide für sofortige Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine aussprachen.

Kretschmer befürwortet die geplante Stationierung US-amerikanischer Mittelstreckenraketen in Deutschland. Er will allerdings die deutsche Bevölkerung dazu befragen lassen. Russland habe sich als Nachbar erwiesen, „auf den man sich nicht verlassen kann“, begründete Kretschmer seine Haltung. Putin akzeptiere „nur Stärke“.

Zimmermann bezeichnete Kretschmers Haltung zur Stationierung als „wieder eine Eskalationsstufe, die wir nicht wollen“. Ein Frieden sei „nur mit Russland“ möglich.

Köpping will „Wehrfähigkeit“ statt „Kriegstüchtigkeit“

Sachsens Sozialministerin und SPD-Spitzenkandidatin Petra Köpping sprach von „unerträglichen Bildern“ in der Ukraine. Deutschland müsse sich auf die neue politische Lage einstellen. Sie halte allerdings „nicht viel vom Wort Kriegstüchtigkeit“, sagte Köpping.

Den Begriff nutzt vor allem ihr Parteifreund, Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius, um den Ausbau der Bundeswehr und Notfallkapazitäten zu beschreiben. „Ich würde es gerne Wehrfähigkeit nennen“, so Köpping.

Kretschmer: „Haben kein Bildungs-Chaos“

In der Bildungspolitik erklärte Sabine Zimmermann, dass BSW wolle die Lehrpläne entschlacken und Lehrerinnen und Lehrer befreien. Zimmermann möchte die Nutzung von Tabletts und Smartphones bis zur vierten Klasse untersagen. Statt Digitalisierung und Gendern sollten „Kernkompetenzen wie Lesen und Rechnen“ im Vordergrund stehen.

Michael Kretschmer ging Zimmermanns Zustandsbeschreibung zu weit. „Wir haben kein Bildungs-Chaos“, erwiderte Kretschmer. Es brauche aber mehr Lehrer, Schulsozialarbeiter und Assistenzkräfte.

Urban: Unterricht für migrantische Kinder „in Landessprache“

Die AfD möchte „verbindliche Empfehlungen für Gymnasien“ einführen. Der Bildungsweg für Kinder in Sachsen wäre damit wieder stärker von der Einschätzung der Lehrer abhängig. Auch der Zugang zu einem Studienplatz soll erschwert werden. Die größten Umstellungen schweben Jörg Urban aber für migrantische Kinder vor.

Während SPD-Frau Köpping diese besser auf Kitas und Schulen verteilen möchte, spricht sich Urban für einen Unterricht in eigenen Gruppen und der jeweiligen Landessprache aus. Diese Kinder – etwa aus der Ukraine – würden somit separiert.

Kretschmer hält an sächsischer Grenzpolizei fest

Michael Kretschmer will in Sachsen eine eigene Grenzpolizei einrichten, um die Grenzen zu Polen und Tschechien stärker auf Grenzübertritte von Migranten kontrollieren zu können.

„Wir reden gerade darüber, ob wir das machen“, sagte Kretschmer. Derzeit prüft eine Task-Force des Freistaates das Vorhaben. Es ginge darum, wie diese aufgestellt wird. Die Stellen würden neu geschaffen. „Die kommen in jedem Fall oben drauf“, sagte Kretschmer.

Den von Sabine Zimmermann geäußerten Verdacht, die CDU würde die neuen Stellen in Wahrheit irgendwo „wegknapsen“, wieß Kretschmer als „unhaltbar zurück.“

Grüne Meier: „Rechtsextremismus größte Herausforderung“

In Sachsen gab es zuletzt wiederholt Angriffe auf Politiker und Wahlkampfhelfer. Bei der Frage der Inneren Sicherheit spielte die Stimmung im Land allerdings kaum eine Rolle. Nur die Grüne Katja Meier sagte: „Die größte Herausforderung ist der Rechtsextremismus.“ Meier erklärte, dagegen weiter „mit Vehemenz vorgehen“ zu wollen.

Jörg Urban von der AfD will genau das als Problem ausgemacht haben. Sachsens Justiz arbeite zu langsam, weil sich die Staatsanwälte um „vermeintliche“ Hasspostings im Internet kümmern müssten. Sachsens Landesverfassungsschutz hat den AfD-Landesverband Ende vergangenen Jahres als „erwiesen rechtsextremistisch“ eingestuft.

Lob von Kretschmer für Linke

In den aktuellen Wahlumfragen kämpft die Linkspartei mit der Fünf-Prozent-Hürde in Sachsen. Der Bedeutungsverlust im Vergleich zum BSW wird auch daran deutlich, dass CDU-Ministerpräsident sich offen für eine Koalition mit der Partei vieler Ex-Linker zeigt.

Linken-Spitzenkandidatin Susanne Schaper gelang dennoch ein kleiner Punktsieg: Dem BSW und der AfD warf Schaper vor, mit Anti-Gender-Positionen „die Meinungsfreiheit einschränken“ zu wollen. Auch könne in Sachsen noch jeder sagen, was er oder sie wolle.

Kretschmer, dessen CDU-geführtes Kultusministerium gerade einen Punktabzug beim Gendern in Sachsens Schulen beschlossen hat, reagierte mit einem überraschenden Lob. „Ich fand das ziemlich gut, was Frau Schaper gerade gesagt hat.“

Für harte Koalitionsaussagen blieb da allerdings keine Zeit mehr.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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