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Verbotene Parolen, Angriffe auf Polizisten: Tausende bei propalästinensischem Protestmarsch von Kreuzberg nach Mitte

Verbotene Parolen, Angriffe auf Polizisten: Tausende bei propalästinensischem Protestmarsch von Kreuzberg nach Mitte

© dpa/Fabian Sommer

Update Verbotene Parolen, Angriffe auf Polizisten: Tausende bei propalästinensischem Protestmarsch von Kreuzberg nach Mitte

Rund 6200 Menschen beteiligten sich am Sonnabend in Berlin an einer Demonstration für Palästina. Die Stimmung war aufgeheizt, ein Abbruch schien zwischenzeitlich möglich.

Von

  • Silvia Stieneker
  • Ken Münster
  • Claudia Liebram

Aus Anlass des palästinensischen Nakba-Gedenktages haben in Berlin am Sonnabend erneut Menschen für Palästina demonstriert. Unter dem Titel „Palestine will be free“ (Palästina wird frei sein) versammelten sich Teilnehmende ab 14 Uhr am Oranienplatz in Kreuzberg. Rund 5400 Protestierende hatten sich gegen 15.30 Uhr laut Angaben der Polizei zum Protestmarsch in Bewegung gesetzt, gegen 17 Uhr schätzte die Polizei die Teilnehmendenzahl auf 6200. Die Route führt in Richtung Rotes Rathaus und sollte bis zur Spandauer Straße in Mitte führen.

Um kurz nach 19 Uhr erklärte die Versammlungsleitung die Demonstration für beendet. Zuletzt befanden sich noch rund 2500 Teilnehmde vor Ort, teilte Polizeisprecherin Anja Dierschke mit. Unter den beteiligten politischen Gruppen waren die Sozialistische Gleichheitspartei, die Revolutionäre Linke, die Marxistisch-Leninistische Einheitspartei, sowie die Gruppe „Juden gegen Genozid“. Die Menge skandierte Sprechchöre wie „Israel ist Terrorstaat“, „Free Palestine, free Gaza“ und „Yallah Intifada“, außerdem wurde auf Arabisch zur Zurückeroberung von Städten wie Haifa und Tel Aviv-Jaffa aufgerufen.

Laut Polizeisprecherin Dierschke habe es im Verlauf freiheitsbeschränkende Maßnahmen im unteren zweistelligen Bereich gegeben. Es wird unter anderem wegen Beleidigung, Volksverhetzung, sowie Angriffen auf Einsatzkräfte ermittelt. Gegen eine teilnehmende Person wegen des Anfangsverdachts der Verleumdung ermittelt. Sie hatte ein Transparent mit der Aufschrift „Netanjahu Kindermörder“ mit sich getragen.

Zwischenzeitlich schien ein Abbruch der Veranstaltung möglich: Weil um kurz vor 18 Uhr von einem Lautsprecherwagen herab die strafbare Parole „From The River To The Sea, Palestine Will Be Free“ gerufen wurde, entfernte die Polizei den Wagen von der Demonstration. In dem Zusammenhang wurden mehrere Personen festgenommen, wie Polizeisprecherin Dierschke bestätigte. Die Stimmung heizte sich zunehmend auf, es kam zum Abbrennen von Pyrotechnik und Angriffen auf Einsatzkräfte.

Die Polizei habe die Versammlungsleitung daraufhin angewiesen, mäßigend auf die Teilnehmenden einzuwirken. Nachdem der Demonstrationszug wegen der polizeilichen Maßnahmen für längere Zeit gestanden hatte, setzte er sich gegen 18.10 Uhr wieder in Bewegung.

Wenig später stand der Demonstrationszug wieder, kurz vor dem Neptunbrunnen. Offenbar hatten Jugendliche versucht, über einen Zaun zu gelangen. Einsatzkräfte der Polizei stoppten sie, die Menge skandierte daraufhin: „Deutsche Polizisten, Mörder und Faschisten“.

Einer Polizeisprecherin zufolge waren zuvor Böller in Richtung von Polizisten geworfen worden. Die Veranstalter forderten die Teilnehmenden auf, derartige Aktionen zu unterlassen. Einzelne junge Männer verhielten sich zudem aggressiv gegenüber Journalisten. Sie bezeichneten die anwesenden Pressevertreter als „Lügenpresse“ und „Scheiß Springerpresse“ und forderten diese auf, nicht zu filmen und zu fotografieren.

Der Protestzug sei mehrfach angehalten worden, weil Pyrotechnik gezündet und vereinzelt verbotene Parolen gerufen wurden, hieß es von der Polizei. Viele Teilnehmende trugen auf der Demonstration Regenschirme mit Wassermelonen-Aufdruck mit sich. Die Polizei rief die Menge dazu auf, diese nicht dazu zu verwenden, um Einsatzkräfte am Filmen zu hindern.

Teilnehmende riefen daraufhin: „Ganz Berlin hasst die Polizei“. Die Wassermelone gilt seit Längerem in sozialen Medien wegen der Farben Grün, Weiß, Schwarz und Rot als Symbol zur Solidarisierung mit Palästina.

Verbotene Parolen, Angriffe auf Polizisten: Tausende bei propalästinensischem Protestmarsch von Kreuzberg nach Mitte

© dpa/Fabian Sommer

Vor Ort ist auch ein Teilnehmer, der mit einem Plakat forderte, das jüngst ausgesprochene Verbot der Organisation „Palästinenser Solidarität Duisburg“ zurückzunehmen. Laut einer Polizeisprecherin habe der Staatsschutz den Plakatinhalt geprüft und sei zu dem Schluss gekommen, dass keine strafbare Äußerung vorliege.

Verbotene Parolen, Angriffe auf Polizisten: Tausende bei propalästinensischem Protestmarsch von Kreuzberg nach Mitte

© Silvia Stieneker

Angemeldet waren zur Kundgebung etwa 2000 Menschen. Die Polizei betreute die Demonstration mit etwa 500 Einsatzkräften, zum Start wurden Auflagen für die Demonstrierenden auf Deutsch und Arabisch verlesen. Das Verbrennen von Gegenständen war verboten, ebenso wie der Aufruf oder die Verherrlichung von Gewalttaten, sowie ehrverletzende und die Vernichtung Israels propagierende Aussagen. Zudem war es nicht erlaubt, Symbole der Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) sowie der Hamas, von Samidoun oder der Qassam-Brigaden zu zeigen.

Verbotene Parolen, Angriffe auf Polizisten: Tausende bei propalästinensischem Protestmarsch von Kreuzberg nach Mitte

© REUTERS/Christian Mang

Aufsehen erregte die FDP-Politikerin Karolin Preisler, die mit einem Plakat mit der Aufschrift „Believe Israeli Women“ und „Rape Is Not Resistance“ sowie einem Foto der von der Hamas am 7. Oktober entführten und jüngst tot aufgefundenen deutschen Staatsbürgerin Shani Louk gegen die Versammlung protestierte. Teilnehmende riefen ihr „Shame on you“ („Schäm dich“) entgegen, Einsatzkräfte der Polizei mussten die Politikerin von der Menge abschirmen.

Umringt von der Polizei lief Preisler mit dem Demonstrationszug mit und wurde dabei wiederholt angebrüllt und angefeindet. Polizisten begleiteten sie anschließend zum U-Bahnhof Spittelmarkt und hinderten Teilnehmende im Anschluss daran, diesen zu betreten. Vor dem Eingang des U-Bahnhofs bildete sich eine größere Ansammlung von Menschen, die mit den Einsatzkräften über das Vorgehen diskutierten.

Vor dem Axel-Springer-Hochhaus in der Rudi-Dutschke-Straße sollte ursprünglich eine Zwischenkundgebung stattfinden, diese fand wegen einer Änderung der Demonstrationsroute jedoch in der Kommandantenstraße statt. Eine Rednerin klagte in dem Zusammenhang über polizeiliche Repressionen. Ein Redner berichtete auf der Kundgebung von der Fluchtgeschichte seiner palästinensischen Familie und kritisierte deutsche Waffenlieferungen nach Israel.

Brennende Mülleimer zum Nakba-Gedenktag in Neukölln

In Aufrufen in diversen Internetportalen hieß es vorab zu der Demonstration auf Deutsch, Englisch und Arabisch: „An diesem Nakba-Tag kann kein Verbot, keine Verfolgung, keine Repression uns davon abhalten, Gerechtigkeit und Befreiung zu fordern. Wir sind nicht frei, bis Palästina frei ist.“

Mehrere bekannte Köpfe aus der links-orientierten Palästina-Szene Berlins riefen zu dem Protest auf. Darunter auch Personen, die von der Polizei immer wieder im Rahmen von Versammlungen als sogenannte „Rädelsführer“ ausgemacht wurden und wegen diverser Straftaten mehrmals mit Festnahmen konfrontiert waren. Die Kundgebung könnte insbesondere Teilnehmer angezogen haben, die in den vergangenen Wochen im Rahmen der Proteste an Berliner Universitäten aufgefallen sind.

Bereits am Mittwochabend, dem eigentlichen Nakba-Gedenktag, hatte es in Charlottenburg eine friedliche Demonstration mit etwa 600 Teilnehmern gegeben. Im Anschluss war es jedoch in Neukölln zu Tumulten gekommen. Nach Angaben der Polizei hatten sich dort etwa 200 Demonstranten versammelt. Einige von ihnen setzten Mülleimer in Brand, auch Feuerwerk und bengalisches Feuer wurde gezündet. Immer wieder hätten Menschen an verschiedenen Stellen Gegenstände wie Fahrräder und Mülltonnen auf die Straßen geworfen.

Der Nakba-Gedenktag am 15. Mai erinnert an die Flucht und Vertreibung hunderttausender Palästinenser im ersten Nahostkrieg 1948 nach der Staatsgründung Israels. Seit dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 gibt es in Berlin wöchentlich Demonstrationen. 

Der Berliner Staatsanwaltschaft liegen nach eigenen Angaben bislang rund 1040 Verfahren (Stand: 17. Mai) im Kontext des Gaza-Kriegs vor. Davon geht es in etwa 210 Fällen um Straftaten bei Demonstrationen zu dem Nahost-Konflikt, wie eine Behördensprecherin auf Anfrage mitteilte. Häufig geht es demnach um Volksverhetzung, Sachbeschädigung, Beleidigung oder Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen. (mit dpa)

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

2 Kommentare
  1. Maria Müller sagt

    Es ist wichtig, dass die Menschen für ihre Überzeugungen eintreten, jedoch sollten dabei generell alle Formen von Gewalt vermieden werden. Die Auseinandersetzung mit komplexen politischen Themen erfordert Dialog und Toleranz.

  2. Anna Müller sagt

    Die Situation ist wirklich aufgeheizt und es ist bedenklich, wenn es zu Angriffen auf Polizisten kommt. Es ist wichtig, dass Proteste friedlich bleiben, um die Botschaft klar und respektvoll zu vermitteln.

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