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1000 Dozenten fordern Rücktritt der Bildungsministerin: Weil Sanktionen gegen Dozenten geprüft wurden

1000 Dozenten fordern Rücktritt der Bildungsministerin: Weil Sanktionen gegen Dozenten geprüft wurden

© picture alliance/dpa/Oliver Berg

1000 Dozenten fordern Rücktritt der Bildungsministerin: Weil Sanktionen gegen Dozenten geprüft wurden

Aus der Wissenschaft mehren sich Rücktrittsforderungen gegen Bettina Stark-Watzinger (FDP). In ihrem Haus wurden wohl Maßnahmen gegen Unterzeichner eines offenen Briefs geprüft, der friedliche Proteste an Unis verteidigte.

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Mehr als 1000 Professoren und Dozenten fordern in einer offenen Stellungnahme den Rücktritt von Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP). Anlass sind geleakte Emails zu einem in ihrem Ministerium vergebenen Auftrag, einen Protestbrief von Hochschullehrenden auf „strafrechtliche Relevanz“ zu prüfen. Gecheckt werden sollte auch, ob Fördermittel vom Bund entzogen werden könnten. Das ARD-Magazin „Panorama“ hatte dies berichtet. Das BMBF bestätigte dem Tagesspiegel, dass es diese Prüfbitte gab.

Die Verfasser der Stellungnahme bezeichnen den Vorgang im Bundesforschungsministerium (BMBF) als „ein Zeichen verfassungsrechtlicher Unkenntnis und politischen Machtmissbrauchs“ und kritisieren seine „einschüchternde Wirkung“. Weiter heißt es: „Repressive Überprüfungen von Wissenschaftler:innen, die ihre kritische Haltung zu politischen Entscheidungen öffentlich machen, sind aus autoritären Regimen bekannt.“

Aus drei Gründen sei die Ministerin „untragbar“, so das Schreiben: Weil die Prüfung dienstrechtlicher Sanktionen gegenüber Professor:innen Ländersache und das BMBF nicht für das Strafrecht zuständig sei und weil die (erwogene) Rücknahme von Förderbescheiden die Wissenschaftsfreiheit verletze. Diese ist im Grundgesetz verankert.

Unter den Unterzeichnern sind bekannte Intellektuelle wie der Demokratieforscher Wolfgang Merkel, die Philosophin Rahel Jaeggi und die Soziologen Hartmut Rosa und Axel Honneth.

„Zunehmender Bruch“ zwischen Unis und Ministerium

Beklagt wird auch ein „zunehmender Bruch“ zwischen BMBF-Entscheidungsträgern und den Hochschuldozenten und -forschenden. Stark-Watzinger gilt unter Forschenden schon länger als schlechte Repräsentantin und wenig involviert ins Hochschulgeschehen – etwa wegen plötzlichen Kürzungen bereits bewilligter Projekte oder, weil sie wiederholt gegenüber der „Bild“-Zeitung die Unis kritisierte.

So bezweifelte sie auch in der „Bild“, dass die Verfasser des Dozenten-Briefs gegen Polizeieinsätze bei Studierendenprotesten „auf dem Boden des Grundgesetzes“ stünden, was ebenfalls heftige Reaktionen auslöste. 

Umstritten ist an jenem Brief vor allem ein Satz, der Berliner Uni-Leitungen dazu auffordert, „von Polizeieinsätzen gegen ihre eigenen Studierenden ebenso wie von weiterer strafrechtlicher Verfolgung abzusehen“. Er dürfte Anlass für die mit Blick auf Proteste wiederholten Mahnung der Ministerin sein, Unis seien keine „rechtsfreien Räume“. Verteidiger des Briefs kritisieren das als bewusstes Missverstehen der Stelle und betonen, die Forderung beziehe sich auf friedliche Proteste und den konkreten Fall des FU-Protestcamps, das anfangs noch gewaltlos war. Auch distanziert sich das Schreiben von den „konkreten Forderungen“ des Camps.

Scharfe Worte von der Rektorenkonferenz

Einen Rücktritt Stark-Watzingers hatte am Mittwoch bereits das Netzwerk für Gute Arbeit in der Wissenschaft gefordert. „Eine Hausleitung des BMBF, die sich derart an staatlichen Eingriffen in die Freiheit der Wissenschaft, der Forschung und der Lehre sowie der Meinungsfreiheit von Wissenschaftler:innen versucht, ist in einer Demokratie nicht tragbar“, heißt es in einer Stellungnahme, in der die gesamte Arbeit der Ministerin kritisiert wird: „Themen, bei denen Reformen nötig sind und zu denen der Koalitionsvertrag konkrete Änderungen versprochen hatte, spielten in der Tätigkeit der Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger bis dato keine erkennbare Rolle“.

Auch Walter Rosenthal, der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, hatte sich mit ungewöhnlich kritischen Worten an die Ministerin gewandt. Er selber habe den offenen Brief zwar kritisiert. „Eine Verknüpfung einer nicht strafbewehrten Meinungsäußerung mit der Frage einer weiteren Förderwürdigkeit der wissenschaftlichen Arbeit würde jedoch eine Verletzung der Wissenschaftsfreiheit darstellen“, erklärte Rosenthal. Es sei gut, dass dieser „befremdliche Vorstoß“ offenbar intern im Ministerium zu einem kritischen Dialog geführt habe.

Damit spielte Rosenthal auf Ministerialbeamte an, die sich laut der vom NDR veröffentlichten Mails entschieden gegen den Prüfauftrag der Ministeriumsleitung stellten.

Politiker der Regierungskoalition sowie die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft kritisierten den BMBF-Vorgang ebenfalls und forderten Aufklärung von der Ministerin.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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