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Auch dank IOC-Chef Thomas Bach: Olympia hat wieder eine Perspektive

Auch dank IOC-Chef Thomas Bach: Olympia hat wieder eine Perspektive

© AFP/Miguel Medina

Auch dank IOC-Chef Thomas Bach: Olympia hat wieder eine Perspektive

Die Olympischen Spiele in Paris waren die letzten für Thomas Bach als IOC-Chef. Oft ist er in seiner Amtszeit kritisiert worden, galt er vielen doch vor allem als Strippen ziehender Technokrat.

Von Jörg Leopold

Thomas Bach machte eine kurze Pause in seiner Rede, blickte auf und versuchte es mit einem Wortwitz. „Seine-sational“ – seien die Spiele von Paris gewesen, lobte der Präsident des International Olympischen Komitees (IOC) die französischen Organisatoren in Anspielung auf den sogar zur Wettkampfarena mutierten Fluss im Herzen der Hauptstadt. Sein Scherz auf der Abschlussfeier am Sonntagabend war nett gemeint, aber er wollte so gar nicht passen zu dem Funktionär, der sonst eher bieder daherkommt.

Bach verkörpert in seiner Rolle als IOC-Chef genau das Gegenteil von dem, was in den vergangenen zweieinhalb Wochen in Paris zu sehen gewesen ist. Olympia konnte endlich wieder begeistern, Bach kommt eher langweilig daher. Die Spiele waren fröhlich und bunt, sie konnten in ihrer Vielfältigkeit überraschen. Bach ist er der Typ Technokrat, der seine Amtsgeschäfte mit dem nötigen Ernst führt und sich ungern auf dem falschen Fuß erwischen lässt.

Und doch haben auch der 70 Jahre alte Deutsche und das von ihm geführte IOC von Olympia 2024 profitieren können. Wobei es ihm Paris auch leicht gemacht hat: Spiele in einer der spektakulärsten Städte der Welt, in der die Sportanlagen wie zusätzliche Exponate in einem riesigen Freiluftmuseum wirkten, dazu die vielen Zuschauer, das nach dem Regen bei der Eröffnungsfeier fast durchgehend perfekte Wetter und ein Sicherheitskonzept, das funktioniert hat – diese Olympischen Spiele werden in bester Erinnerung bleiben.

Irgendwann im Laufe der vergangenen Wochen ist in Thomas Bach womöglich die Erkenntnis gereift, dass es nicht mehr besser werden kann als in Paris. Lange war darüber gerätselt worden, ob er noch einmal als IOC-Chef kandidieren würde und damit die von ihm selbst mit auf den Weg gebrachte Amtszeitbegrenzung wieder abgeschafft werden könnte.

Bach hat dieser Versuchung widerstanden, am vergangenen Samstag erklärte er bei der IOC-Generalversammlung: „Neue Zeiten brauchen neue Anführer.“ Und: „Unserer Organisation hilft ein Führungswechsel am meisten.“ Im Juni 2025 wird er abtreten, die Spiele in Paris waren seine letzten.

Tatsächlich hinterlässt er seinen Nachfolgern ein bestelltes Feld. Olympia hat wieder eine Perspektive – oder wie er es selbst auf der Abschlussfeier ausdrückte. Es ist „jünger, urbaner, integrativer, nachhaltiger“.

Vorbei die Zeiten, in denen die Spiele ein Ladenhüter waren – zumindest für die Sommervariante stehen die Bewerber Schlange. Bis 2032 stehen die Gastgeber fest, für 2036 und 2040 soll es rund ein Dutzend Interessenten geben. Dazu sind dem IOC Milliardenbeträge von Sponsoren und Medienpartnern bis ins nächste Jahrzehnt sicher.

Sein Wirken wird außerhalb des IOC oft kritisch gesehen

All das hat Bach zu verantworten und doch wird sein Wirken außerhalb seiner eigenen Organisation nicht selten kritisch gesehen. Seit 1991 ist er IOC-Mitglied, arbeitete sich kontinuierlich nach oben und wurde 2013 Präsident des größten Sportverbandes der Welt. Über lange Jahre hatte er die Rolle des Strippenziehers perfektioniert und konnte das Olympia-Komitee so als Chef fast autokratisch führen.

Auch deshalb prallte die Kritik an ihm in seinem inneren Machtzirkel weitgehend ohne Echo ab. Seine lange freundschaftliche Beziehung zu Wladimir Putin, die in den Gigantismus-Winterspielen von Sotschi gipfelte und später die fast schon devote Haltung im Umgang mit Chinas Machthabern im Zuge von Olympia 2022 in Peking – all das wurde gerade in seiner deutschen Heimat immer wieder hinterfragt.

Womöglich auch wegen dieser Bilder wird allein schon die Diskussion um eine mögliche Olympiabewerbung Deutschlands von vielen seiner Landsleute heute mit Argwohn begleitet. Die Vorwürfe sind dabei immer die gleichen: Bach und dem IOC wird ein Hang zur Korruption nachgesagt, letztlich gehe es ihnen nur darum, sich selbst die Taschen zu füllen. Und was in der Ausrichterstadt nach Olympia passiert, wäre zweitrangig.

Auch dank IOC-Chef Thomas Bach: Olympia hat wieder eine Perspektive

Mit Wladimir Putin hatte Thomas Bach jahrelang eine fast freundliche Beziehung.

© AFP/David Goldman

Diese Sichtweise geht vermutlich zu weit. Thomas Bach lebt die olympische Idee, das steht bei aller berechtigten Kritik außer Frage. Und für eine Organisation, die Sport und Politik klar trennen will, ist jeder Kontakt mit Autokraten immer auch ein Drahtseilakt. Bach hat sich diesen zuletzt deutlicher entgegengestellt – auch, weil er sich es nach den Spielen in Russland und China wieder erlauben konnte.

Der russische Sport ist derzeit kein Bestandteil der olympischen Familie mehr, nachdem ihm Staatsdoping nachgewiesen wurde und zuletzt wegen des Angriffskrieges auf die Ukraine. Lange war Bachs Haltung in diesem Punkt als zögerlich bewertet worden, doch er hat diese Kurve noch bekommen.

Am Sonntagabend im Stade de France wirkte er vielleicht auch deswegen für seine Verhältnisse geradezu gelöst. Als er die olympische Flagge von der Pariser Bürgermeisterin auf der Schlussfeier übernahm, drückte er Anne Hidalgo etwas unbeholfen einen Kuss auf die Wange und schwenkte die Fahne danach beinahe euphorisch zweimal über seinem Kopf.

Es war ein kurzer Moment, in dem die Emotionen mit ihm durchgegangen sind und der deutlich gemacht hat: Thomas Bach mag die Erfüllung in seiner Rolle als Funktionär gefunden haben, die Olympischen Spiele selbst aber werden immer seine große Liebe bleiben.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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