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Der Kampf der Prinzipien: Im EM-Halbfinale trifft Frankreichs Defensivbollwerk auf spanische Spielfreude

Der Kampf der Prinzipien: Im EM-Halbfinale trifft Frankreichs Defensivbollwerk auf spanische Spielfreude

© dpa/Marcus Brandt

Der Kampf der Prinzipien: Im EM-Halbfinale trifft Frankreichs Defensivbollwerk auf spanische Spielfreude

Frankreich hat im Angriff alle Möglichkeiten, nutzt sie bisher aber nicht. Nun treffen Kylian Mbappé und Co. im Halbfinale auf Spanien, das offensivstärkste Team der EM.

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Die bedingungslos offensive Haltung der französischen Fußball-Nationalmannschaft hat am Ende doch noch den erwünschten Erfolg gebracht. Am spielfreien Sonntag des Turniers – als die Ergebnisse der Parlamentswahlen in Frankreich verkündet wurden.

„Es lebe die Vielfalt, es lebe die Republik, es lebe Frankreich“, schrieb Nationalstürmer Marcus Thuram auf seinem Instagram-Account, nachdem die extreme Rechte, Sieger der ersten Runde eine Woche zuvor, im zweiten Wahlgang deutlich abgeschmiert war.

Thuram war einer der Spieler, die sich offensiv gegen den Rassemblement National positioniert hatten. Wie Kapitän Kylian Mbappé und zuletzt Jules Koundé. „Das Spiel ist noch nicht aus“, hatte der Rechtsverteidiger nach der ersten Runde der Wahlen gesagt.

Das Spiel ist noch nicht aus: Das gilt auch für die Équipe tricolore, die an diesem Dienstag im ersten Halbfinale der EM in München (21 Uhr, live im ZDF) auf Spanien trifft. „Das ist ein schöner Erfolg“, findet Nationaltrainer Didier Deschamps. „Man muss das schätzen.“

Wenn Sie wenige Tore erzielen, ist es wichtig, auch wenige zu kassieren.

Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps über das Spiel seiner Mannschaft

Der 55 Jahre alte Deschamps, seit 2012 Nationaltrainer, weiß natürlich, dass die Resonanz auf die bisherigen Auftritte des französischen Teams eher zwiespältig war. Denn so effizient wie mit ihren politischen Botschaften ist die Mannschaft auf dem Feld bisher nicht gewesen.

Frankreich ist ohne einen einzigen eigenen Treffer aus dem Spiel heraus ins Halbfinale der EM eingezogen. Zu zwei Eigentoren ihrer Gegner kommt noch ein von Mbappé verwandelter Elfmeter gegen Polen.

Der Kampf der Prinzipien: Im EM-Halbfinale trifft Frankreichs Defensivbollwerk auf spanische Spielfreude

Wieder einer drin. Die Spanier haben bei dieser EM zusammen mit Deutschland die meisten Tore erzielt.

© AFP/Miguel Medina

So ist das Halbfinale gegen die Spanier auch ein Kampf der Kulturen. Spanien hat bisher alle fünf Turnierspiele gewonnen (Frankreich nach offizieller Zählung nur zwei). Spanien hat – mit den ausgeschiedenen Deutschen – die meisten Tore aller 24 Teilnehmer erzielt. Und Spanien liegt auch bei den Torschüssen (102) an erster Stelle.

In München werden sich am Dienstagabend zwei Teams mit gegensätzlichen Prinzipien begegnen. Spaniens Lust an der Offensive trifft dann auf die bedingungslose Bereitschaft der Franzosen zur Verteidigung des eigenen Tores.

Viel Potenzial, zu wenig Ertrag

Darin immerhin haben sie es zu echter Meisterschaft gebracht. In fünf Spielen ist Torhüter Mike Maignan nur durch einen Elfmeter von Robert Lewandowski bezwungen worden. „Les Bleus lassen ihren Gegnern nur die Krümel“, hat die Sportzeitung „L’Équipe“ über Frankreichs Defensivstärke geschrieben.

Nationaltrainer Deschamps ist nach dem siegreichen Elfmeterschießen gegen Portugal im Viertelfinale gefragt worden, worin denn die Stabilität seiner Mannschaft begründet liege. „Es liegt an mir“, antwortete er. „Ich bin ein Defensivtrainer, deshalb lasse ich meine Mannschaft so spielen.“

Das war natürlich ironisch gemeint – weil Deschamps längst des Vorwurfs müde ist, es sei allein seiner Hasenfüßigkeit geschuldet, dass seine Mannschaft ihr Offensivpotenzial nicht zur Geltung bringt.

Mit Spielern wie Mbappé, Thuram, Ousmane Dembélé, Randal Kolo Muani und Antoine Griezmann verfügen die Franzosen in der Tat über viel offensive Wucht. Aber sie sind bisher nicht in der Lage, sie auch auf den Rasen zu bringen.

4Mal bei den jüngsten fünf Turnieren hat es Frankreich ins Halbfinale geschafft

Immerhin 89 Torschüsse haben die Franzosen in fünf EM-Spielen abgegeben. Damit steht das Team gar nicht so schlecht da. Allerdings ist nur jeder vierte (21) tatsächlich aufs Tor gekommen.

Vor allem Mbappé und Griezmann, der im Achtelfinale gegen Belgien als Rechtsaußen und gegen Portugal als Zehner gespielt hat, sind bisher deutlich hinter ihren Möglichkeiten zurückgeblieben. Griezmann wurde im Viertelfinale nach etwas mehr als einer Stunde ausgewechselt, gegen Spanien droht ihm nun sogar die Bank.

Kylian Mbappé sucht seine Form

Auch Mbappé musste gegen die Portugiesen vorzeitig zum Feld, nachdem er nach Einschätzung der „L’Équipe“ eine seiner dürftigsten Leistungen überhaupt im Nationaltrikot abgeliefert hatte. Bei zwei WM-Teilnahmen hat der Stürmer zwölf Tore erzielt; in nunmehr acht Spielen bei den EM-Endrunden 2021 und 2024 hingegen ist ihm gerade ein Treffer gelungen: durch den Elfmeter, den er gegen Polen verwandelt hat.

Bei Mbappé kommt laut Nationaltrainer Deschamps vieles zusammen. Er sei nicht in bester Form angereist, habe anfangs Rückenprobleme gehabt und sich dann im ersten Gruppenspiel das Nasenbein gebrochen. „Eine traumatische Erfahrung“ sei das für den 25-Jährigen gewesen. Mbappé selbst hatte zuletzt geklagt, dass die Maske, die er zum Schutz tragen muss, „der absolute Horror“ sei.

Deschamps widerspricht jedenfalls dem Vorwurf, dass er der Mannschaft einen ultradefensiven Stil aufzwinge, der eigentlich nicht ihrem Wesen entspricht. „Ich würde es auch bevorzugen, wir wären effizienter“, sagt er. „Aber wenn Sie wenige Tore erzielen, ist es wichtig, auch wenige zu kassieren.“

Und der Erfolg gibt ihm – wieder einmal – recht. Bei den jüngsten fünf Turnieren sind die Franzosen viermal ins Halbfinale gekommen, dreimal schafften sie es anschließend auch ins Endspiel. In der regulären Spielzeit hat Frankreich zuletzt 2014 ein Turnierspiel verloren, beim 0:1 im WM-Viertelfinale gegen Deutschland. „Wir haben eine Stabilität, die vorbildlich ist“, sagt Deschamps. „Das ist essenziell für den Erfolg bei einem großen Turnier.“

Ein Blick auf das Tableau der EM mit den vier noch im Turnier verbliebenen Teams bestätigt seine Ansicht. Im zweiten Halbfinale treffen mit England und Holland zwei Mannschaften aufeinander, die ihre Offensivqualität bisher ebenfalls höchst dezent eingesetzt haben. Und so scheint es, als könnten allein die Spanier noch verhindern, dass die Europameisterschaft in Deutschland als Triumph des Defensivfußballs in die Geschichte eingeht.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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