© dpa / Fabian Sommer
„Ein Dialog kann nicht gelingen“: Präsidentin der Berliner Humboldt-Uni rechnet mit weiteren Besetzungen
Nach der Besetzung durch propalästinensische Aktivisten erwartet Uni-Präsidentin Julia von Blumenthal weitere Proteste. „Rückblickend würde ich anders handeln“, gesteht sie ein.
Von Claudia Liebram
Die Präsidentin der Berliner Humboldt-Universität, Julia von Blumenthal, rechnet mit weiteren Besetzungen von Universitäts-Instituten. Das sagte sie dem Magazin „Der Spiegel“ in einem Interview.
„Es ist uns nicht gelungen, die Kette von Besetzungen, die wir an den Universitäten erleben, zu durchbrechen“, sagte von Blumenthal. „Im Nachhinein weiß ich, ein Dialog mit diesen Besetzergruppen kann nicht gelingen.“ Das Institut sei „möglicherweise für Wochen, vielleicht für Monate nicht nutzbar“. Der Protest habe also den Lehrbetrieb beeinträchtigt. „Das war kein friedlicher Protest.“
Propalästinensische Aktivisten hatten am Mittwoch Räume der Universität aus Protest gegen Israel und zur Unterstützung der Palästinenser besetzt. Die Universitätsleitung duldete dies bis 18 Uhr am Donnerstag und setzte auf einen Dialog mit Besetzern und Wissenschaftlern. Um 18.40 Uhr begann die Polizei mit der Räumung, wobei die Beamten zunächst darauf setzten, dass die Aktivisten das Gebäude freiwillig verlassen. Nach Angaben der Polizei wurden etwa 170 propalästinensische Aktivistinnen und Aktivisten aus dem Gebäude herausgeführt.
Nach einer Sichtung der Schäden und Schmierereien will die Hochschule Strafanzeige stellen. „Das Ausmaß der Sachbeschädigung und Schmierereien übertrifft, womit wir gerechnet hatten“, sagte von Blumenthal dem „Spiegel“. Die Anzeige werde wegen der Verwendung von Kennzeichen einer verbotenen Organisation erstattet, hatte eine HU-Sprecherin am Freitagabend erklärt. Wegen Sachschäden im Gebäude des Instituts für Sozialwissenschaften werde zudem ein Strafantrag gestellt.
„Rückblickend würde ich anders handeln“, sagte von Blumenthal in Bezug auf die Duldung der Besetzung. Sie habe verhindern wollen, „dass die Gräben zwischen proisraelischen Studierenden und propalästinensischen Studierenden größer werden“. Das sei nicht geschafft worden. Sie habe am Donnerstag von Besetzern „auch zu viele Ausrufe gehört, die die Grenze des Aushaltbaren überschritten“.
Dekane: Vorübergehende Duldung war richtig
Die Dekaninnen und Dekane aller acht Fakultäten der HU bescheinigen der Universitätsleitung, „besonnen und deeskalierend reagiert“ zu haben. „Zur Herausforderung gehörte, dass die Gruppe der Besetzerinnen und Besetzer heterogen war“, heißt es in einer Stellungnahme. Wie bei vergangenen Protesten habe es einen Kern von Aktivisten gegeben, „der nicht an einem Dialog, sondern an Eskalation interessiert war“. Es habe aber auch gesprächsbereite Studierende und Betroffene gegeben, „die von eigenen Erfahrungen berichten wollten.“ Die Duldung der Besetzung für einen eng begrenzten Zeitraum sei richtig gewesen.
„Völlig abwegig ist die Unterstellung, die Universitätsleitung habe sich daran beteiligt, Terror oder antisemitische Straftaten zu verharmlosen“, so die Dekaninnen und Dekane. Sie stünden „geschlossen und uneingeschränkt hinter dem Präsidium“.
Auch zwei Professorinnen, die Mitglied im Akademischen Senat sind, teilten dem Tagesspiegel mit, voll und ganz hinter der Präsidentin zu stehen.
Zur Startseite
showPaywall:falseisSubscriber:falseisPaid:showPaywallPiano:false
Eine Quelle: www.tagesspiegel.de
Als ehemalige Studentin der Humboldt-Universität bin ich enttäuscht von der Präsidentin. Ein konstruktiver Dialog sollte immer angestrebt werden, auch mit Besetzungsgruppen. Es ist bedauerlich, dass die Universität weiterhin mit solchen Problemen zu kämpfen hat. Es scheint, dass die aktuelle Führung keine effektiven Lösungen bietet. Hoffentlich können sie bald eine bessere Strategie umsetzen.