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Ein Liebeslied für Nazis: Wie „L’Amour Toujours” zur rechtsextremistischen Hymne wurde

Ein Liebeslied für Nazis: Wie „L’Amour Toujours” zur rechtsextremistischen Hymne wurde

© IMAGO/Avalon.red

Ein Liebeslied für Nazis: Wie „L’Amour Toujours” zur rechtsextremistischen Hymne wurde

Auf Sylt grölen Menschen Nazi-Parolen zum Song von Gigi D’Agostino, der Urheber zeigt sich davon überrascht. Tatsächlich wird der Titel schon länger von Rechtsextremen vereinnahmt. 

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„Um meine Psyche zu schützen, nutze ich keine sozialen Medien”, schreibt der italienische DJ Gigi D’Agostino dem Tagesspiegel auf Anfrage. Er habe von „der Sache” bisher nichts gewusst. Die Sache, das ist ein virales Video von einer Gruppe Erwachsener, die vor dem Sylter Nobellokal Pony „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus” zu D’Agostinos Song „L’Amour Toujours” ruft.

Internationale Medien haben seitdem über den Vorfall berichtet, der Staatsschutz und die Staatsanwaltschaft in Flensburg ermitteln wegen potenzieller Volksverhetzung und der Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen.

Beobachter der rechtsextremen Szene dürften von dem Song im Video weniger überrascht gewesen sein als sein Urheber. Schon im vergangenen Oktober grölten Besucher eines Dorffestes in der Gemeinde Bergholz in Mecklenburg-Vorpommern die gleichen Zeilen zu D’Agostinos Musik wie nun die Gruppe auf Sylt, damals berichteten der NDR und das Magazin „Katapult“. Im Juni müssen sich sechs Frauen und Männer deshalb in Hessen vor Gericht verantworten.

Spätestens seit dem Bergholzer Dorffest ist der Song unter Rechtsextremen zum geheimen Erkennungszeichen geworden. Auf TikTok unterlegen einschlägige Nutzer regelmäßig Videos mit rassistischen Botschaften und Falschinformationen mit „L’Amour Toujours“, vor wenigen Wochen verwendete auch der langjährige Kopf der „Identitären Bewegung“ Martin Sellner den Song.

Auch Martin Sellner nutzte den Song

Die Vereinnahmung des Techno-Hits ist ein Fall sogenannter „Hundepfeifen-Politik“. Der Begriff kommt aus dem Englischen und meint die Verwendung eines Codes, den nur bestimmte Empfänger – wie im Fall der Pfeife die Hunde – verstehen können, während die intendierte Botschaft an uneingeweihten Zuhörern vorbeigeht.

„L’Amour Toujours“ ist zu einer solchen Hundepfeife geworden, wenn auch das provokante Grölen der verfassungswidrigen Parolen den Geheimnisaspekt freilich wieder zunichtemacht. Das ist die Folge der Strategie, wie sie die „Identitäre Bewegung“ seit ihrer Gründung im Jahr 2012 fährt: rassistische und demokratiefeindliche Positionen vermeintlich harmlos, popkulturell ansprechend aufbereiten, um die Botschaften so schrittweise zu normalisieren.

Mittlerweile haben auch die Betreiber eines anderen Sylter Clubs von einem „Rassismus-Vorfall“ am vergangenen Pfingstwochenende berichtet. Auf Facebook gaben die Verantwortlichen am Freitagnachmittag bekannt, Personen aus dem Club verwiesen und ihnen Hausverbot erteilt zu haben. Einen weltbekannten Partysong zur Propaganda für Rassismus und Diskriminierung zu nutzen, sei „erbärmlich und widerlich“.

Sollte man „L’Amour Toujours“ weiterhin spielen?

Gigi D’Agostino will nun klarstellen, dass sein Song nur „eine einzige Bedeutung hat: „In meinem Lied ,L’Amour Toujours‘ geht es um ein wunderbares, großes und intensives Gefühl, das die Menschen verbindet“, schreibt er – bis hierhin dürften sich der DJ und die Rechtsextremen einig sein. Doch der Musiker spricht nicht von Hass.

„Es ist die Liebe. Es ist die Kraft der Liebe, die mich hochleben lässt. Der Wunsch, meine Familie fest zu umarmen und Danke zu sagen, der Wunsch, Worte der Liebe zu singen und gemeinsam zu tanzen. Die Liebe zu meiner Frau. Der Drang, zu lachen und zu weinen vor Freude über die Schönheit des Zusammenseins. Das wunderbare Gefühl, das ein Sonnenuntergang oder ein Spaziergang am Strand in mir hervorrufen kann. Die Liebe, die ich für die Musik, für den Tanz empfinde“, heißt es in seiner Stellungnahme.

Ob die Hundepfeife ihre Funktion behält, hängt nun auch davon ab, wie die Öffentlichkeit mit ihr umgeht. Die Betreiber des Pony haben angekündigt, „L’Amour Toujours“ in Zukunft nicht mehr zu spielen: Musik in den Ohren von Cancel-Culture-Alarmisten. An Liebe wird bei D’Agostinos Song in Zukunft jedenfalls niemand mehr denken.  

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

1 Kommentar
  1. Greta Müller sagt

    Es ist erschreckend, wie Musik, die für Liebe und Freude stehen sollte, von extremistischen Gruppen missbraucht wird. Es ist wichtig, solche Vorfälle ernst zu nehmen und dagegen vorzugehen, um die Verbreitung von Hass und Intoleranz einzudämmen.

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