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Palästina-Protest in Berlin: Polizei räumt Zeltcamp an der FU – Uni stellt Lehrbetrieb teilweise ein

Palästina-Protest in Berlin: Polizei räumt Zeltcamp an der FU – Uni stellt Lehrbetrieb teilweise ein

© dpa/Sebastian Gollnow

Update Palästina-Protest in Berlin: Polizei räumt Zeltcamp an der FU – Uni stellt Lehrbetrieb teilweise ein

An der Freien Universität haben Pro-Palästina-Aktivisten einen Innenhof besetzt. Die Polizei räumt das Zeltcamp. Unterdessen hat die Uni den Lehrbetrieb teilweise eingestellt.

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  • Christoph Papenhausen

Die Berliner Polizei hat am Dienstagnachmittag mit der Räumung eines nicht angemeldeten, propalästinensischen Protestcamps in einem Innenhof an der Freien Universität (FU) Berlin begonnen. Die Polizei führt die Demonstranten nach und nach ab, teils auch unter der Anwendung von Gewalt.

Immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen Protestierenden und Polizeikräften, wie ein Tagesspiegel-Reporter vor Ort berichtet. Andere Demo-Teilnehmer lassen sich hingegen widerstandslos abführen.

Einige Studierende aus einem angrenzenden Gebäude durchbrachen eine Tür, die die Polizei zuvor verschlossen hatte, und versuchten, sich dem Protest anzuschließen. Einsatzkräfte mussten die Menschen zurückdrängen. Vier Personen wurden daraufhin abgeführt. Die Tür wurde wieder verschlossen.

Zuvor hatten die Einsatzkräfte über Lautsprecher mehrfach mitgeteilt, dass die Veranstaltung offiziell aufgelöst sei und den Demonstrierenden die Möglichkeit gegeben, das Camp zu verlassen. Die FU mache von ihrem Hausrecht Gebrauch, sagte ein Polizeibeamter vor Ort.

Palästina-Protest in Berlin: Polizei räumt Zeltcamp an der FU – Uni stellt Lehrbetrieb teilweise ein

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Propalästinensische Aktivisten besetzen seit dem Vormittag den Hof an der FU. Das bestätigte eine FU-Sprecherin auf Anfrage. Dabei handelt es sich um den „Theaterhof“ an der Rostlaube hinter der Mensa der FU in Dahlem. Vonseiten der Polizei gab es zunächst keine konkreten Informationen.

FU stellt Lehrbetrieb teilweise ein

Die FU stellte den Lehrbetrieb am Dienstag teilweise ein. „Diese Form des Protests ist nicht auf Dialog ausgerichtet. Eine Besetzung ist auf dem Gelände der FU Berlin nicht akzeptabel. Wir stehen für einen wissenschaftlichen Dialog zur Verfügung ? aber nicht auf diese Weise“, erklärte Universitätspräsident Günter Ziegler in einer Mitteilung. 

Nach Angaben der Hochschule hatten Aktivisten des Protestcamps im Verlauf des Vormittags auch versucht, in Räume und Hörsäle der Universität einzudringen, um diese zu besetzen. Die Gruppe, die sich nach eigenen Angaben aus Studierenden verschiedener Berliner Hochschulen und anderen Personen zusammensetzt, habe weitere Studierende und Professoren zur Teilnahme aufgefordert. Die Gruppe habe Forderungen aufgestellt, aber jeden Dialog oder Verhandlungen abgelehnt. 

Es sei zu Sachbeschädigungen gekommen, hieß es in der Mitteilung. Die Universität habe Strafanzeigen erstattet. Der Lehrbetrieb in den Gebäuden Rost-, Silber- und Holzlaube sei eingestellt worden. Die Bibliotheken in diesen Gebäuden und die Mensa wurden geschlossen.

„Viva, Viva Palestina“-Rufe

Nach Schätzung eines Tagesspiegel-Reporters beteiligten sich zwischen 100 und 150 Demonstrierende an dem Protest. Rund 100 weitere Menschen standen demnach um den „Theaterhof“ und beobachteten die Demonstration. Die FU-Sprecherin schätzte die Teilnehmerzahl auf 80 bis 100 Menschen.

Die Universität hatte am Vormittag ein rasches Vorgehen angekündigt. „Die FU hat die Räumung angeordnet und die Polizei gerufen“, sagte eine Uni-Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Palästina-Protest in Berlin: Polizei räumt Zeltcamp an der FU – Uni stellt Lehrbetrieb teilweise ein

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Demonstrierende riefen dem Tagesspiegel-Reporter „German-Nazi-Media“ und „Shame on you“ zu. Die deutsche Presse lüge, sagte eine Demonstrantin mit Kamera gegenüber dem Tagesspiegel. Ein Statement wollte kein Teilnehmer des Protestcamps abgeben.

Auf selbstgemalten Plakaten stand unter anderem: „Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand Pflicht“, „Strike is resistance“, „Fight colonial power“ und „Decolonise feminism – free Palestine student coalition“. Dazu wurde eine Liste mit den Namen einiger getöteter Palästinenser am Gebäude der Uni aufgehängt. Auch Fahnen mit den palästinensischen Farben waren zu sehen.

Palästina-Protest in Berlin: Polizei räumt Zeltcamp an der FU – Uni stellt Lehrbetrieb teilweise ein

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Eine Demonstrantin mit Megaphon rief unter anderem „Viva, Viva Palestina“. Die übrigen Demonstranten klatschten im Takt und antworteten im Chor. Auch „Fuck you FU“-, „Fuck you Germany“- und „Free, free Palastine“-Rufe waren zu hören. Umstehende Studierende stimmten teilweise in die Sprechchöre ein.

Ich finde die Proteste gut, bin heute aber nicht in der Stimmung, mich zu beteiligen.

Judith, 22-jährige Philosophiestudentin der FU Berlin

Judith, 22-jährige Philosophiestudentin, die sich etwas abseits der Demonstration auf ihr nächstes Seminar vorbereitete, sagte dem Tagesspiegel am Vormittag: „Ich finde die Proteste gut, bin heute aber nicht in der Stimmung, mich zu beteiligen.“

Die Demonstrierenden fordern Solidarität mit Gaza. „Wir besetzen die Freie Universität Berlin“, hieß es in einer Ansprache. Dies geschehe in Solidarität mit dem palästinensischen Volk. Kritisiert wurde das Vorgehen der israelischen Armee in Gaza. Dies erfordere sofortige Reaktionen und internationale Solidarität, hieß es zur Begründung des Protests.

Auf Instagram postete die Gruppe „Student Coalition Berlin“ Bilder des Camps, die rund ein Dutzend Zelte zeigen. Die Gruppe rief in dem Post Universitäten und Forschungsinstitute, Studierende, Fakultätsangehörige und akademische Partner dazu auf, sich dem „solidarischen Protest“ anzuschließen. Man erwarte, dass Universitäten, „die sich der Politik dieses rassistischen Staates angeschlossen haben“, versuchen werden, die Forderungen herunterzuspielen. Doch man werde nicht „nachgeben und keine Verhandlungen über Halblösungen und performative Aktionen akzeptieren.“

Es geht hier nicht um wissenschaftliche Debatten oder Kontroversen, sondern um antiisraelischen und antisemitischen Hass.

Samuel Salzborn, Antisemitismusbeauftragter des Landes Berlin

„Die Aktionen vergangene Woche an der HU und heute an der FU zeigen: israelfeindliche Aktivist*innen versuchen, die antisemitische Eskalation, wie wir sie seit Wochen an amerikanischen Universitäten erleben, in Deutschland zu plagiieren und jüdische Studierende massiv einzuschüchtern“, sagte Berlins Antisemitismusbeauftragter, Samuel Salzborn, dem Tagesspiegel am Dienstag. Es gehe dabei nicht um wissenschaftliche Debatten oder Kontroversen, sondern um antiisraelischen und antisemitischen Hass.

„Das hat sehr deutlich die Aktion an der HU letzte Woche gezeigt: das Angebot der HU-Präsidentin Julia von Blumenthal, im Rahmen üblicher wissenschaftlicher Gremien zu diskutieren, haben die Aktivist*innen ausgeschlagen, sie wollen nicht wissenschaftliche Diskussion, sondern israelfeindliche Eskalation“, sagte Salzborn.

Adrian Grasse, wissenschaftspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, lobte die schnelle Reaktion der Universität. „Mir macht Sorge, dass nicht nur die Zahl der Vorfälle an unseren Hochschulen zunimmt, sondern auch die Zahl derer, die sich an derartigen Aktionen beteiligen“, sagte er am Dienstag. Es sei nicht hinnehmbar, wie an Berliner Unis Hass und Hetze gegen Israel verbreitet werde.

Am Freitag hatte es ein propalästinensisches Sit-in vor der Humboldt-Universität gegeben, das ebenfalls geräumt wurde. Rund 150 Menschen waren laut Polizei zu einer nicht angemeldeten Kundgebung zusammengekommen. Die Protestierenden forderten einen Hörsaal als Kundgebungsort, dem die Universitätsleitung nicht stattgab. In der Folge leitete die Polizei 37 Ermittlungsverfahren ein wegen möglicher Fälle von Volksverhetzung sowie Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.

In den USA gibt es seit mehr als zwei Wochen an zahlreichen Universitäten Proteste gegen den israelischen Militäreinsatz gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen und für Solidarität mit den dort lebenden Palästinensern. Kritiker werfen insbesondere dem radikalen Teil der Protestbewegung Antisemitismus und die Verharmlosung der Terrororganisation Hamas vor. Es gibt Befürchtungen, dass diese gewaltsamen Proteste auch nach Deutschland schwappen könnten.

Hintergrund ist das beispiellose Massaker mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten. (mit dpa)

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

4 Kommentare
  1. Anna Müller sagt

    Hat die Universität angemessene Maßnahmen ergriffen, um den friedlichen Protest zu fördern, bevor die Polizei intervenierte?

    1. Julia Schneider sagt

      Ja, die Universität hat zunächst versucht, den friedlichen Protest zu fördern, indem sie den Demonstranten die Möglichkeit gab, das Camp freiwillig zu verlassen. Erst nach mehrmaligen Aufforderungen wurde die Polizei eingeschaltet, um das nicht angemeldete Protestcamp zu räumen.

  2. Sarah Müller sagt

    Als Studentin finde ich es wichtig, dass Protestaktionen friedlich ablaufen. Es ist schade, dass es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen kam. Die Sicherheit aller Beteiligten sollte immer oberste Priorität haben.

  3. Anna Müller sagt

    Fragt die Polizei vorher die Uni, bevor sie das Camp geräumt hat?

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