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Tarifkonflikt in der Gebäudereinigung: Gewerkschaft fordert bis zu 30 Prozent mehr Geld

Tarifkonflikt in der Gebäudereinigung: Gewerkschaft fordert bis zu 30 Prozent mehr Geld

© Jens Büttner / dpa

Tarifkonflikt in der Gebäudereinigung: Gewerkschaft fordert bis zu 30 Prozent mehr Geld

Die IG BAU stellt eine Rekordforderung auf, die Arbeitgeber sind fassungslos. Der Branchenmindestlohn soll von 13,50 auf 16,50 Euro steigen.

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Seit mehr als 30 Jahren versammeln sich in den USA und in Europa Reinigungskräfte zum „Tag der Gebäudereinigung“, um für anständige Arbeitsbedingungen zu werben. Der 15. Juni 1990 ist in die Geschichte der Branche eingegangen: In Los Angeles löste die Polizeit mit Schlagstöcken eine Demonstration streikender Putzfrauen und -männer auf.

Die Auseinandersetzung endete erfolgreich für die Beschäftigten, die eine 25-prozentige Lohnerhöhung durchsetzten. Und die Polizei musste eine Art Wiedergutmachung in Höhe von 3,5 Millionen Dollar an die Gewerkschaft der Streikenden zahlen.

„Wir schwitzen nicht für Mindestlohn“, plakatierten in diesem Jahr Gebäudereiniger und Gewerkschafter hierzulande anlässlich des 15. Juni. Ein Tarifkonflikt steht an. Die IG Bauen, Agrar, Umwelt (IG BAU) fordert drei Euro mehr pro Stunde, ein 13. Monatseinkommen für Gewerkschaftsmitglieder und die Erhöhung der Ausbildungsvergütung.

Damit setzt sich ein Trend aus dem Frühjahr fort: In Dienstleitungsbereichen mit niedrigen Löhnen sind aufgrund des Arbeitskräftemangels zweistellige Lohnerhöhungen möglich. In der Industrie dagegen, wo die Löhne hoch sind und die Produktion schwächelt, fordern die Gewerkschaften aktuell relativ bescheidene sieben Prozent.

Die Gewerkschaft weckt völlig falsche Erwartungen, das ist gefährlich.

Christian Kloevekorn, Verhandlungsführer der Arbeitgeber

Als „maßlos und realitätsfern“ weist der Bundesverband der Gebäudedienstleister den Ansatz der IG BAU zurück. Am 18. Juni beginnen die Verhandlungen für rund 700.000 Beschäftigte; mit einem Ergebnis und höheren Einkommen können die Putzkräfte jedoch erst nach der Sommerpause rechnen.

„Gerade in Zeiten von hoher Inflation und gestiegenen Lebensmittel-, Energie- und Lebenshaltungskosten sind saubere Arbeitsbedingungen ein Muss“, erläutert die IG BAU die Lohnforderung. Die Gewerkschaft möchte drei Euro mehr pro Stunde für die größte Lohngruppe (aktuell 13,50 Euro), was einer Erhöhung um 22 Prozent entspricht. Zuzüglich des 13. Monatsgehalts, das die IG BAU für ihre Mitglieder aufruft, beträgt der Lohnaufschlag rund 30 Prozent.

„Die Gewerkschaft weckt völlig falsche Erwartungen, das ist gefährlich“, sagt Christian Kloevekorn, Verhandlungsführer der Arbeitgeber, im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Der Abstand zwischen Wunsch und Wirklichkeit sei noch größer als in früheren Tarifrunden. Und da „wir 2023 und Anfang 2024 die Stundenlöhne erheblich angehoben haben“, drohe sich die IG BAU mit ihrer Forderung zu verrennen. Kloevekorn arbeitet seit 30 Jahren für die Berliner Gegenbauer Gruppe, die vor einem Jahr von Werner Gegenbauer an den hessischen Gebäudedienstleister Apleona verkauft wurde.

Wegen der Erhöhung des Mindestlohns durch die Ampelregierung von 10,45 auf zwölf Euro im Oktober 2022 hatten die Gebäudereiniger die Stundenverdienste zum gleichen Zeitpunkt von 11,55 auf 13 Euro und zum 1. Januar 2024 auf 13,50 Euro angehoben. Aktuell beträgt der gesetzliche Mindestlohn 12,41 Euro, 2025 dann 12,82 Euro.

„Dass es eine weitere Erhöhung 2025 geben wird, ist klar“, sagt Kloevekorn zu den anstehenden Tarifverhandlungen. Aber nicht annähernd in der Größenordnung, wie sich die IG BAU das vorstellt. „Wir sind uns der Verantwortung für 700.000 Mitarbeitende bewusst und möchten einen vernünftigen Tarifabschluss, der die Rahmenbedingungen berücksichtigt.“

13,50Euro beträgt der Stundenlohn für die größte Lohngruppe der Gebäudereiniger aktuell.

Zu den Bedingungen gehörten neben der schwachen Konjunktur auch der Wandel auf dem Büromarkt seit Corona und der Verbreitung des Homeoffice. „Viele unsere Kunden sparen“, sagte Kloevekorn. „Die goldenen Zeiten im Bereich der Büroimmobilien sind vorbei.“

Ulrike Laux, Verhandlungsführerin der IG BAU, begründet die Tarifforderung unter anderem mit dem Personalmangel. „Da wüsste ich, wie man ganz einfach Abhilfe schaffen kann: Durch ordentliche Bezahlung das Handwerk attraktiv machen“, meint die Gewerkschafterin. „Der Arbeitsmarkt im unteren Lohnbereich ist brutal“, sagt Apleona-Manager Kloevekorn zum Arbeitskräfteproblem. Auch deshalb, weil eine Kombination aus Bürgergeld und Schwarzarbeit für manche attraktiver sei als eine Festanstellung.

Anders als die Gewerkschaft, die für den neuen Tarifvertrag eine Laufzeit von zwölf Monaten anstrebt, will Kloevekorn „mindestens 24 Monate“. Damit sei auch klar, „dass wir bei einer solchen Laufzeit einen Stundenlohn von mehr als 14 Euro bekommen“. Der Branchenmindestlohn solle auch künftig deutlich über dem gesetzlichen Mindestlohn liegen.

Indes hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Mindestlohnkommission aufgefordert, die gesetzliche Untergrenze in einem ersten Schritt auf 14 und perspektivisch auf 15 Euro anzuheben. Kloevekorn befürchtet einen weiteren Eingriff der Politik in das Tarifgeschehen. „Wir kämpfen um die Tarifautonomie und wollen den Staat aus der Lohnfindung raushalten.“ Ob das gelingt, wird der Wahlkampf 2025 zeigen.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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